Museum Caspar Wolf

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«Catalogue raisonné der Druckgrafik nach Caspar Wolf» - Ein Projekt von Murikultur (2023–2027)

Das Projekt der Erarbeitung eines Gesamtkatalogs der Druckgrafik nach Caspar Wolf erfüllt einen lange gehegten Wunsch der kunsthistorischen Fachgemeinschaft. Trotz des Booms von Ausstellungen zu Caspar Wolf in den vergangenen 25 Jahren ist die Kenntnis über die druckgrafischen Erzeugnisse nach den Motiven des Landschaftsmalers auf dem Wissensstand stehengeblieben, den der Caspar Wolf-Forscher Willi Raeber in seinem Werkkatalog der Gemälde 1979 publizierte hatte. Die Druckgrafik findet dort nur marginale Erwähnung, eine summarische Auflistung im Anhang weist empfindliche Lücken, ja mehr: auch viele Fehler auf. 

Das Vorhaben von Murikultur erfüllt aber nicht nur wissenschaftliche Ansprüche, sondern bedient ein breit gefächertes Erkenntnisinteresse. Über rein künstlerische Aspekte hinaus greift es viele andere kulturhistorisch relevante Themen auf und unternimmt auch einen spannungsvollen Brückenschlag über 250 Jahre von der Um- und Aufbruchszeit der Aufklärung ins Hier und Jetzt.

Das Projekt mündet 2027 – also exakt zum Jubiläum «250 Jahre Erstausgabe der Merkwürdigen Prospekte» – in zwei sich ergänzende Publikationen: einerseits eine öffentlich zugängliche Online-Datenbank enthaltend das wissenschaftlich fundierte Gesamtverzeichnis sämtlicher Grafiken nach Caspar Wolf, andererseits eine attraktiv gestaltete Printpublikation, die in Bild und Text die vielfältigen kunst- und kulturhistorischen Kontexte für ein breit interessiertes Publikum vermittelt. Diese Kernprodukte werden ergänzt durch Ausstellungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten, die in Muri und andernorts in Zusammenarbeit mit Partnerinstitutionen vorbereitet werden. 

Projektteam:
Projektleitung: Peter Fischer
Projektmitarbeiterinnen: Katja Häckel, Nadia Häfner, Kristina Pfister
Interne Mitarbeit: Cindy Mäder, Geschäftsführerin Murikultur, Elena Eichenberger, Verantwortliche Museen
Auskunft: peter.fischer@murikultur.ch, Tel. 079 752 24 12

Dank
Murikultur dankt diesen Partnern für finanzielle Förderung (Stand 14.10.2025): Swisslos-Fonds des Kantons Aargau, Dr. Franz Käppeli Stiftung, Monsol Foundation, Josef Müller Stiftung Muri, Katharina Strebel Stiftung, Stiftung Familie Fehlmann, Ernst Göhner Stiftung, Heinrich und Rose-Marie Landolt Stiftung, Stiftung Graphica Helvetica.


Stumpf, Matthias, Bildnis Caspar Wolf, nach einem Selbstbildnis von Caspar Wolf, Radierung und Kupferstich, in: Joh. Caspar Füesslins Geschichte der besten Künstler der Schweiz, Bd. 5, Zürich 1779.
Caspar Wolf, Vue de la Caverne du Dragon dans le Canton d’Underwalden, Farbaquatinta, Mehrplattendruck, gestochen von Charles Melchior Descourtis, in: Vues remarquables des montagnes de la Suisse, Amsterdam 1785-1794.
Balthasar Anton Dunker nach einem Motiv von Caspar Wolf, Reisegesellschaft mit dem Maler, Radierung und Kupferstich, gestochen von Johann Joseph Störchlin, Textvignette u. a. in: Merkwürdige Prospekte aus den Schweizer Gebürgen, Bern 1777.
Caspar Wolf, La Lutschinen sortant du Glacier inférieur du Grindelwald, Farbaquatinta, Mehrplattendruck, gestochen von Jean François Janinet, in: Vues remarquables des montagnes de la Suisse, Paris 1780-1782.

Weiterführende Informationen

Über die Entstehung und die Bedeutung der druckgrafischen Erzeugnisse nach den Bildfindungen von Caspar Wolf

Caspar Wolf wurde 1735 im Freiämter Klosterdorf Muri geboren. Dank seinem früh erkannten Talent erhielt er vom Abt schon als Junge Förderung, sodass er in Süddeutschland seine Lehr- und Wanderjahre verbringen konnte. Noch wichtiger war sein späterer Aufenthalt als 35-Jähriger in Paris, der damaligen Kunstmetropole Europas. Dort kam er in Kontakt mit den beiden Stars der damaligen Kunstszene, Joseph Vernet und Philippe Jacques de Loutherbourg, und wurde u. a. mit der Freilichtmalerei vertraut.

Dass Wolf heute als einer der bedeutendsten Landschaftsmaler der Neuzeit gilt, verdankt er aber indirekt einem anderen. Der umtriebige Berner Verleger Abraham Wagner hegte in den frühen 1770er Jahren den Plan, erstmals eine Publikation über die Alpen herauszugeben, die sich an ein breiteres Publikum richtete. Sie sollte illustriert sein, weshalb er nach einem begabten Künstler Ausschau hielt, der ihm Vorlagen lieferte, nach denen er dann Kupferstiche herstellen lassen konnte. So kam es, dass Wagner Wolf den Auftrag erteilte, in die Berge zu gehen und die bislang noch kaum je real gesehen Gegenden bildlich in Gemälden festzuhalten. In der Folge entstanden vor 250 Jahren (1773–1777) auf teils abenteuerlichen Expeditionen ins Hochgebirge fast 200 Gemälde. Auf ihnen zeigt Caspar Wolf die Hochgebirgslandschaft erstmals so, wie sie sich tatsächlich präsentierte. 

Man stelle sich vor: Diese heute kostbaren, in Museen gezeigten und im Kunsthandel zu sechsstelligen Preisen gehandelten Gemälde dienten primär dem Zweck der Vorlage für Druckplatten. Tatsächlich erschien 1777 unter dem Titel «Merkwürdige Prospekte aus den Schweizer Gebürgen» eine erste Folge von 10 handkolorierten Kupferstichen nach Bildern von Caspar Wolf, zusammen mit Texten des berühmten Universalgelehrten Albrecht von Haller und des Berner Naturforschers Jakob Samuel Wyttenbach. Weitere Folgen, umgesetzt in der eben erst in Paris erfundenen neuen Mehrfarbendrucktechnik der Farbaquatinta, waren geplant, konnten aber vom 1782 früh verstorbenen Abraham Wagner nicht vollendet werden. Gleichwohl gilt das Unterfangen als pionierhaft: Es ist ein Beispiel für die vielleicht erste interdisziplinäre Zusammenarbeit auf Augenhöhe von Naturforschern und einem Künstler, aber auch für die Demokratisierung naturkundlichen Wissens. Dann erweist sich Caspar Wolf als ein Wegbereiter für die Bildproduktion im Dienste des anwachsenden Tourismus, und – last but not least – veranschaulicht er das im Zeitalter der Aufklärung einsetzende, ganz neue Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt.

Das reiche Œuvre des 1783 ebenfalls früh verstorbenen Caspar Wolf war aber auch danach eine ergiebige Quelle für viele weitere druckgrafische Erzeugnisse. Allerlei Verleger und Stecher bedienten sich noch bis ins frühe 19. Jahrhundert der Wolf’schen Motive, sodass heute rund 160 verschiedene druckgrafische Produkte bekannt sind, von denen nicht nur in der Schweiz, sondern auch in den europäischen Kapitalen Paris, Amsterdam oder auch London Auflagen von wenigen Dutzend bis zu mehreren Hundert gedruckt worden sind.

Diese werden nun erstmals systematisch aufgespürt, erforscht und in einem Gesamtverzeichnis publiziert. Im Zuge untersucht die Forschungsgruppe auch, wie das aufwendige Projekt des Abraham Wagner denn überhaupt vonstattenging, wie es von den im Zeitalter der Aufklärung aufkommenden Naturwissenschaften inspiriert wurde, wie es die internationalen Beziehungen des damals prosperierenden burgerlichen Berns nutze, und warum es schlussendlich scheiterte.