Magazin Notabene

Restaurator Matthias Läuchli

Die Grand Tour Caspar Wolf würdigt den grossen Alpenmaler. Kürzlich hat Matthias Läuchli ein Bild des Künstlers restauriert. Wir haben mit ihm ein kurzes Gespräch geführt.

April 2022

  • Museum Caspar Wolf
  • Persönlich
Warum soll man so ein altes Teil überhaupt restaurieren? Ist das wirklich notwendig?
Ganz einfach: Um es der Gegenwart und vor allem einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Bei Caspar Wolf ist ja breit abgestützt, dass seine Werke kulturell und künstlerisch wertvoll sind.

Ist das alles nicht ein bisschen sehr elitär?
Bei Caspar Wolf glaube ich das jetzt weniger – und aus heutiger Sicht schon gar nicht. Früher war Kunst tatsächlich etwas Elitäres, vor allem, wenn man sich die Besitzverhältnisse anschaut. Wenn Sie das unbedingt so sehen wollen: Unsere Arbeit als Restauratoren ist sehr zeitintensiv und erfordert Mittel, die ja auch nicht klein sind. Von daher könnte man Kunst schon als «elitär» ansehen. Doch wird sie ja gerade in Museen wie dem Caspar Wolf einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht, das ist alles andere als elitär.

Klartext: Ich muss keine Kunstkennerin sein und nicht zu einer Elite gehören, um das Bild anzuschauen und toll zu finden…
Auf keinen Fall!

Aber dieses Bild ist ja gar nicht signiert. Was bringt Sie darauf, dass es tatsächlich ein Caspar Wolf Bild ist?
Maltechnik und Komposition sind so, wie ich sie von Caspar Wolf kenne: die Charakteristik des Malens und wie er das Licht einsetzt. Ehrlicherweise kann ich das nicht abschliessend beurteilen, aber mein Gefühl und meine Erfahrung sagen mir, dass das kein anderer Maler war.

Sie stellen auf Ihre Erfahrung ab. Wie viele Caspar Wolf Bilder haben Sie denn schon restauriert?
Wir haben ja die gesamte Caspar Wolf Sammlung von Murikultur aufgenommen und den Zustand aller Werke beurteilt. Restauriert, so umfassend wie dieses Werk, habe ich bereits drei, das ist mein viertes.

Wenn man ein solches Bild restauriert, wie geht man vor?
Zuerst nehmen wir den Zustand des Bildes auf. Wir fotografieren es – auch in seinen Details – und untersuchen die verschiedenen Materialien. Damit wollen wir herausfinden, wie es in den heutigen Zustand gekommen ist und welche Massnahmen wir treffen könnten. Wir wollen auch Schadensbilder verstehen. Immer geht es darum, Strategien zu finden, wie man die Schadensmechanismen aufhalten kann. Aus all dem entsteht dann ein Konzept für die Restaurierung. Und erst dann beginnen wir wirklich einzugreifen.

Und was tun Sie konkret bei diesem Bild?
Zuerst einmal wird das Bild gereinigt. Das Caspar Wolf Bild müssen wir umfassend restaurieren, weil alte Eingriffe das Bild entstellen und strukturelle Schäden vorhanden sind. Auch die Leinwand ist schon versprödet. Durch die Reinigung und die strukturellen Massnahmen, soll das Gemälde in einem zwar gealterten, aber intakten Zustand erlebbar werden. Gleichzeitig wirken wir erhaltend auf das Bild ein. 

Wie lange geht es dann, bis man das Bild wieder restaurieren muss? Sind das 10 Jahre, 100 oder gar 500 Jahre?
[Lacht] In 500 Jahren passiert wahrscheinlich noch einiges anderes; vielleicht gibt es dannzumal gar keine Museen mehr… Im Ernst: Das Bild kommt jetzt in ein Museum mit grundsätzlich guten Rahmenbedingungen. Es ist geschützt, das Klima ist gut und es ist sauber dort. Ich gehe davon aus, dass das Bild in den nächsten 100 Jahre nicht mehr viel Pflege benötigt.

100 Jahre, das ist eine lange Zeit.
Das ist etwa die Zeitdauer, die auch realistisch ist. Wir müssen weggkommen von der Idee, dass alle Prozesse abgeschlossen sind, wenn ein Bild beim Restaurator war. Ein Beispiel: Die Ölfarbe des Caspar Wolf Bildes ist jetzt rund 300 Jahre alt. Ölfarbe trocknet nicht einfach und dann ist gut. Sie wird immer trockener und spröder und spröder – über viele, viele Jahre hinweg. Diese Prozesse sind nie zu Ende.

Man kann das tatsächlich nicht stoppen?
Eine Zeit lang gab es die Tendenz, dass man Bilder wie in eine Art Zeitkapsel versorgt hat. Ohne Licht, ohne Sauerstoff, der die Alterung hätte vorwärtstreiben können. Damit ist ein Bild bestmöglich für die Nachwelt erhalten. Aber niemand kann es mehr sehen. Es geht darum, einen Kompromiss zu finden zwischen dem, was gut ist für das Objekt und dem Bedürfnis, dass es auch angeschaut werden kann.

Wo liegt hier das Problem?
Das Ausstellen gerade auch an grossen Orten wie beispielsweise der Tate Gallery in London oder anderen Kunsthäusern ist immer eine Belastung für ein Kunstwerk. Wenn man beispielsweise ein Bild dorthin ausleiht und es nach drei Monaten wieder zurückholt, hat es immer eine kleine Staubschicht darauf. Die entsteht, weil so viele Menschen durch das Museum gehen. Jeder wirbelt ein klein wenig Staub auf, jeder bringt mit den Mänteln, Kleidern und Haaren weiteren Staub ins Museum… Aber wissen Sie, ein Bild zu sehen und sich daran zu erinnern ist auch eine Form des Erhaltens von Kunst.